Von Neonazis und (anderen) Schweinen: Die PDV-Kundgebungen zwischen Januar und April 2016

Im ersten Drittel des Jahres 2016 veranstaltete die neonazistische PDV in Österreich vier Kundgebungen: am 30.1. in Villach/Beljak und am 30.1.2016 in Köflach (Stmk.) gefolgt von einer Demonstration am 5.3. in Wien und am 19.3. in Spielfeld/Špilje.

Die Versammlungen und das Publikum:

Wohl aufgrund der geringen Dichte an Demonstrationen in Villach/Beljak und Köflach konnte die PDV relativ breit an den immer offeneren Rassismus in der Bevölkerung anschließen und zwischen 500-700 (Villach/Beljak) und 200-250 (Köflach) „besorgte Bürger_innen“ mobilisieren.

neonazis bei pdv villach

Slowenische Neonazis bei PDV in Villach am 30.1.2016

Wenngleich der Villacher Stadtpolizeikommandant Erich Londer gegenüber der APA angab, dass „vorerst keine rechtsextremen Symbole“1aufgefallen sind, verschloss die Behörde nicht nur die Augen vor den Logos der PDV, die zweifelsohne rechtsextreme Symbole sind, sondern auch vor den offensichtlichen Neonazis im Publikum.

wirth und kalser bei pdv köflach

Zangl2 und Wirth flyern für PEGIDA bei der PDV-Kundgebung in Köflach am 31.1.2016

Das einzig Bemerkenswerte in Köflach war, abgesehen davon, dass der ursprüngliche Anlass für die Kundgebung, nämlich eine geplante Unterkunft für Geflüchtete bereits hinfällig war, die Beteiligung von den führenden Pegida-Aktivisten Werner Wirth und Herbert Zangl2, welche das PDV-Publikum zum Pegida-Aufmarsch in Graz zu mobilisieren versuchten.

Besonders deutlich zeigte sich der neonazistische Kern der PDV in Wien. Während die ehemaligen Wiener PDV-FunktionärInnen, die aufgrund interner Streitigkeiten geschlossen im Februar aus der Partei ausgetreten waren und zeitgleich zur PDV-Kundgebung eine Versammlung mit Robert Marschalls EU-Austrittspartei am Adolf-Schärf Platz veranstalteten, (bei der u.a. die ehemaligen PDV-Funktionär_innen Werner Haider und “Gabi Apfelbaum” redeten während Personen wie Gerhard Bauer und der Rechtsterrorist Gabor Söregi das Transpartent hielten), versammelten sich mehrere bekannte Rechtsextreme und Neonazis zu der  – mit gerade mal 70-100 Teilnehmenden etwas klein ausgefallenen – „Großdemonstration“ am Minoritenplatz. Neben dem Welser PDV-Stammgast Ludwig Reinthaler, der offen seine Verbundenheit mit der Partei per Anstecker demonstrierte, trafen Karin Küssel, Thomas Kalcher-Cibulka, Daniel Polzhofer, Mihaly Kosics u.a. auf Wolfgang Pestl.

küssel, kosics, kalcher-cibulka, polzhofer, pestl, etc. wien 5.3.2016

Beginnend bei 2. v.l.: Küssel, Kalcher-Cibulka, Polzhofer, Kosics. 2.v.r.: Pestl am 5.3.2016 bei PDV in Wien.

Winters echte patrioten

Winter lobt die PDV und freut sich über “echte Patrioten”.

Karin Küssel war Aktivistin der neonazistischen VAPO und ist die Ehefrau des derzeit inhaftierten Neonazis, Gottfried Küssel, nahm bereits im November 2015 an der PDV Kundgebung in Wien teil sowie am PEGIDA-Aufmarsch am 6.2.2016 in Graz-Andritz.  Thomas Kalcher-Cibulka war ebenfalls bereits im November 2015 Gast bei der PDV in Wien, ist Mitglied der deutschnationalen penalen Burschenschaft Franko-Cherusker und pflegt neben den auch hier offensichtlichen Beziehungen zum Neonazismus auch gute Kontakte zu den „Identitären“. Daniel Polzhofer ist ein Grazer Neonazi, der bereits bei der ersten Kundgebung der PDV in Graz in Erscheinung trat. Bei einem Prozess gegen führende Neonazis im Jahr 2012 in Graz, an dem Polzhofer als solidarischer Prozessbeobachter teilnahm, kamen durch die Aussage einer Zeugin seine Kontakte zu Gottfried Küssel ans Licht, außerdem beteiligte er sich an Aktionen für den Holocaustleugner Gerd Honsik. Mihaly Kosics ist nicht nur Aktivist der Neonazi-Hooligantruppe „UNSTERBLICH Wien“, sondern war auch einer der wenigen Österreicher, dem der Rechtsterrorist und Massenmörder Anders Breivik sein Manifest schickte.3 Zusammengefasst: allesamt also „echte Patrioten“ und eine „gelungene Veranstaltung“, zumindest in den Augen der Nationalratsabgeordneten Susanne Winter.

PDV in Spielfeld 19.3.2016

ca. 2/3 der PDV-Kundgebung am 19.3. auf einem Foto…

Als ähnlichen Flop wie in Wien muss der Aufmarsch am 19.3. in SpielfeldSpielfeld/Špilje betrachtet werden. Der ursprüngliche Plan der PDV war, just am internationalen Aktionstag gegen Rassismus, eine „Volksdemonstration“ durchzuführen, bei der Schweine an der Leine zum slowenischen Grenzübergang und der Sammelstelle für Geflüchtete geführt werden sollten. Anstatt der antimuslimisch codierten Aktion, mit dem Ziel eine politische Gegner_innschaft zwischen österreichischen Landwirt_innen und Geflüchteten sowie (muslimische) Migrant_innen zu konstruieren, wurde die Versammlung aufgrund der Grenzschließungen in einen (nicht weniger rassistischen) Dankesmarsch an Slowenien und Kroatien umgewidmet. Während die Kronenzeitung von 150 Teilnehmenden schrieb (das entspricht in etwa der Zahl der Facebook-Zusagen mitsamt der „Interessiert“-Angaben) versammelten sich tatsächlich nur 20 Personen in Spielfeld. Diese setzten sich zu etwa gleichen Teilen aus dem PDV-Kader, einer slowenischen Gruppe um Rok Jarc und reise-freudigen Aktivist_innen aus Kärnten/Koroska zusammen.

Die (Gast)RednerInnen:

Neben den Reden der PDV-Funktionäre Thomas Kirschner, Wolfgang Pestl (der sich u.a. in Villach/Beljak darüber beklagte, dass er nicht mehr offen zu den Waffen rufen dürfte) sowie Werner Haider (der kurz nach seinem Auftritt in Villach/Beljak zur EU-Austrittspartei wechselte), und Georg Arnberger, einem mitorganisator der Kundgebung in Wien, traten mehrere GastrednerInnen bei den Kundgebungen der PDV auf.

winter-pdv villach 30.1.2016

Susanne Winter bei der PDV am 30.1.2016 in Villach

Wohl prominentestes Beispiel ist Nationalratsabgeordnete Susanne Winter. Die Grazer Politikerin, die wegen ihrer rassistischen Äußerungen bereits wegen Verhetzung verurteilt wurde, schaffte es 2015 aufgrund allzu offen artikulierter antisemitischer Positionen aus der FPÖ ausgeschlossen zu werden.4 Seitdem tritt sie als gern gesehener Gast bei diversen rechtsextremen Organisationsversuchen in Erscheinung, sei es als geplante Gastrednerin bei der antifeministischen und heterosexistischen „Aktionsgruppe gegen Dekadenz und Werteverfall“ um den ehemaligen Pegida-Sprecher Georg Immanuel Nagel, als Teilnehmerin am Grazer Pegida-Spaziergang im März 2015 oder nun bei der PDV am 31.1. in Villach/Beljak sowie am 5.3. in Wien.

Neben der üblichen nationalistischen Propaganda verkündete Winter in Wien u.a. dass sie Wahlen verweigere, da sie „das System nicht unterstützen wolle“. Dennoch besteht die fraktions- und somit de facto funktionslose Abgeordnete trotz mehrerer Rücktrittaufforderungen weiterhin auf ihren Sitz im Nationalrat – und die Netto-Bezüge von jährlich 120166,20 Euro. (Wie dies mit der Forderung der PDV nach Senkung von „Politikergehälter[n]“ vereinbar ist, blieb bisher unbeantwortet.)

burgholzer, pdv wien 5.3.2016

Klaus Bugholzer bei der PDV in Wien am 5.3.2016

Als weiterer Redner trat der Linzer Klaus Burgholzer, der (Mit)Gründer der gescheiterten „Weißen Partei Österreichs (WPÖ)“, auf. Auch er sprach bereits in der Vergangenheit auf einer Versammlung der PDV, nämlich am 21.11.2015 in Wien.

Der „volks- und heimattreue“ Anwalt sorgte Mitte Januar 2016 mit einem offenen Brief an die oberösterreichische Rechtsanwaltskammer für mediales Aufsehen, in dem er verlautbarte, dass er aus „ideologischen Gründen“ keine „kriminellen Ausländer“ verteidigen wolle, da diesen, zumindest in seinem rassistischen Gedankengut, kategorisch „Schuldbewustsein“ fehle. Sehr gerne hingegen würde er „Opfer von Ausländerkriminalität“ vertreten – und scheinbar weiterhin den rechtsextremen Ludwig Reinthaler, der seit Jahren zu seinen Stammklienten zählt.

rok jarc pdv-villach 30.1.2016

Rok Jarc am 30.1.2016 in Villach

Ebenfalls Stammgast(redner) für die PDV ist Rok Jarc. Abgesehen von seiner Rede für die PDV am 30.1.2016 in Villach/Beljak sprach der slowenische Staatsbürger bereits bei der PDV-Parteisitzung am 12.12.2015 in Unterpremstätten, wo er als Vertreter der „Identitären“ bezeichnet wurde. Für die „Identitären“ sprach er kurz zuvor am 15.11.2015 bei ihrem Aufmarsch in Spielfeld. Der slowenische Netzwerker beteiligte sich zudem bei der PDV-Kundgebung am 19.3.2016 in Spielfeld und lud eine Delegation der PDV um Wolfgang Pestl und August Gutsmandl Ende Februar zu einer rassistischen Kundgebung in der slowenischen Gemeinde Lenart ein.

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Marschall am 30.1.2016 bei der PDV in Villach.

Robert Marschall, der Obmann der EU-Austrittspartei und Möchtegern-Präsidentschaftskandidat, trat als Gastredner bei der PDV-Kundgebung am 30.1.2016 in Villach/Beljak auf. Wenngleich bereits bei der PDV-Demonstration am 31.10.2015 in Spielfeld eine offizielle Delegation der EU-Austrittspartei teilnahm, dürfte die Gastrede von Marschall in Villach/Beljak ein singuläres Ereignis bleiben. Dafür ist seit der Spaltung der PDV im Februar 2016 eine Annäherung der ehemaligen Wiener Funktionär_innen an die EU-Austrittspartei zu beobachten.


1 Standard.at

2 Richtigstellung: In der Vergangenheit wurde, auch auf unserem Blog, Herbert Zangl fälschlicherweise als “Thomas Kalser” vorgestellt. Neben der äußeren Ähnlichkeit der beiden Personen ist diese Verwechslung auch auf Kalsers Betätigung als Ordner bei PEGIDA Kundgebungen zurückzuführen.

3 ballester.at

4 Ein Überblick über Winters rassistische Äußerungen, die zum Teil zur Verurteilung führten, findet sich hier.

 

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