Seit März existiert nun in der Grazer Schönaugasse 102a/Tür 2 das erste „identitäre“ Zentrum Österreichs. Nach Eigendarstellung beherbergt die rechtsextreme Infrastruktur ein Büro, Raum für Vorträge und Seminare sowie eine Bibliothek. Außerdem dient sie als Lagerraum ihrer Propagandamaterialien und als Werkstatt zur Vorbereitung von Aktionen.
Vorhang auf: Vereine und Personen hinter dem “identitären Zentrum”
Ende Februar 2016 wurde das sogannte „Hackherzentrum“ im Hinterhof der Schönaugasse 102 bezogen. (Warum sich eine ursprünglich aus Frankreich kommende und sich frankophil gebende, rechtsextreme Bewegung ausgerechnet nach Franz Xaver Hackher zu Hart, einem K&K-Oberst der durch seinen Kampf gegen französische Gruppen Bekanntheit erlangte, benennt, bleibt uns nach wie vor schleierhaft.) Als Auftaktveranstaltung fand am 5. März eine Besprechung zur rechtsextremen „Strukturentwicklung“ in den steirischen Bezirken statt, an der u.a. Luca Kerbl, Peter Dingsleder, Manuel Papst, Gerhard Windisch, Christian Camondo und Jörg Dittus teilnahmen.
Zur Finanzierung des Zentrums wurden kurz nach Eröffnung bereits Bettelbriefe an Sympathisant*innen der rechtsextremen Gruppe versendet, in denen das Zentrum beworben und um Unterstützung gebeten wurde. Die Spenden sollten mit dem Verwendungszweck „Zentrum Graz“ an das Konto des “Vereins zur Erhaltung und Förderung der kulturellen Identität“ überwiesen werden. Entsprechender Verein mit Sitz in der Paulinengasse 18/5/17, 1180 Wien, stellt das zentrale juristische Konstrukt der rechtsextremen “Identitären” in Österreich dar. Seit Januar 2016 bilden die Brüder Thomas Sellner (Obmann, Leiter der „Identitären“ NÖ) und Martin Sellner (Kassier, Co-Leiter der „Identitären Österreich“, Mitinhaber des „identitären“ Modelabels „PHXE Ceatives OG“) den Vorstand. Für Rückfragen zu den Spenden an das „identitäre” Zentrum wird in den Bettelbriefen allerdings eine E-Mail-Adresse von Siegfried Waschnig genannt.
Tatsächlich agiert ein weiterer, bislang unbeachteter Verein der „Identitären“ als Träger des Zentrums: Der im April 2016 gegründete „Verein für nachhaltige Völkerverständigung und Jugendarbeit“, der seinen Vereinssitz in der Schönaugasse 102a/Tür 2, dem „Hackherzentrum“ hat. Hinter dem unverdächtig klingendem Namen stehen Tino Taffanek als Obmann und Siegfried Waschnig als Kassier – zwei „identitäre“ Kader aus der Steiermark.
Während Taffanek bereits 2015 ein Fenster im Adventkalender der Recherche Wien gewidmet wurde, haben wir dem Kassier mit Verbindungen zur FPÖ einen eigenen Artikel auf unserem Blog gewidmet: Siegfried Waschnig – rechtsextremer Aktivist, Publizist und Okkultist.
Vermieter des Zenrums ist Heinrich Sickl, ein deutschnationaler Burschenschafter der sich bereits in den 90er Jahren im militanten Neonazismus bewegte und nun als Neo-Obmann des Freiheitlichen Akademikerverbands (FAV) Steiermark Veranstaltungen mit „Identitären“ und neurechten Thinktanks wie dem deutschen Institut für Staatspolitik (IfS) organisiert. Auch ihm haben wir einen ausführlichen Beitrag auf unserem Blog gewidmet: Heinrich Sickl – vom Neonazi zum Vermieter des „identitären“ Zentrums in Graz.