Der “Steirische Bürger Verein” – eine Bürgerwehr zwischen Nazi-Kameradschaft und Selbstjustiz

steirischer bürger vereinSeit einiger Zeit gründen sich in mehreren österreichischen Städten parapolizeiliche Bürgerwehrgruppen, die sowohl im Nahverhältnis zum organisierten Rechtextemismus stehen als auch von einschlägig blaubraunen Händen beklatscht werden. Eine der aktivsten Gruppen aus der Steiermark ist der “Steirische Bürger Verein”, der als “Project Eagle Eyes” in Graz, Leibnitz, Lieboch, Voitsberg und Bruck patroulliert(e) sowie Stammtische, Waffenkunde- und Kampfsport-Schulungen organisiert.

Ein solcher Kampfsportabend soll am 10.6.2016 stattfinden – offenbar gefördert von der Stadt Graz, welche den Turnsaal der Karl-Morre-Schule hierfür zur Verfügung stellt.

Klambauer - Ordner Graz

Werner Klambauer als Ordner für PEGIDA Graz im März 2015

Trotz ihres Leitsatzes “Schutz unserer Kultur, unserer Werte und unseren Bürgern / Familien” versucht die Gruppe sich nach außen hin unpolitisch zu geben und distanziert sich verbal insbesondere vom “Rechtsradikalismus”. Eine Aufzählung der politischen Aktivitäten des Grazers Werner Klambauer – Gründers des Vereins – liest sich jedoch wie eine Chronologie rechtsextremer und neonazistischer Aktionen mit Steiermark-Bezug:

  • März 2015: Klambauer als Ordner für die Demonstration der rechtsextremen PEGIDA  in Graz, bei der ein Redner wegen Vehetzung und ein Teilnehmer wegen Verstoßes gegen das Verbotsgesetz verurteilt werden.
  • Mai 2015: Klambauer als Wahlkampfhelfer für die FPÖ Graz bei einem Infostand am Eisernen Tor.
  • September 2015: Klambauer als Ordner bei der Kundgebung  der neonazistischen PDV in Graz.
  • Oktober 2015: Klambauer als Ordner für die PDV-Demonstration in Spielfeld.
  • November 2015: Klambauer als Ordner für die PDV-Demonstration in Wien.

 

Werner Klambauer –  Nazipoesie und Mordphantasien

klammbauer nazigedicht

Klambauer verbreitet NS-Propagandagedicht

Am 23. Februar 2016 veröffentlichte der “Steirische Bürger Verein” einen Auszug seiner Statuten. Ein Vereinszweck sei demnach, die “Pflege der Kameradschaft” – scheinbar ganz im Sinne des Nationalsozialisten Herybert Menzel, dessen Kameradschaftsgedicht Klambauer am 22. Februar 2016 via Facebook postete. Der “Homer der SA”, wie Menzel auch genannt wird, war bereits vor der Machtergreifung Hitlers 1933 aktives Mitglied der NSDAP und der SA. Zudem war er im Bamberger Dichterkreis sowie Vorstandmitglied im “Reichsverband deutscher Schriftsteller” und gab 1933 als einer von 88 deutschen Schrifstellern das “Gelöbnis treuester Gefolgschaft” für Adolf Hitler ab.

Als weiteren Vereinzweck nennt der “Steirische Bürger Verein” die “Anregung zu engagierten Handeln und Denken im Rahmen der Menschenrechte und der Gewaltfreiheit”. Dass die Bürgerwehr handeln will, glauben wir ihr – beim Denken sind wir uns da nicht so sicher. Und dass sich sowohl Handeln als auch eventuelles Denken im Rahmen der Menschenrechte und der Gewaltfreiheit bewegen, muss stark bezweifelt werden. Die Gewaltbereitschaft Klambauers jedenfalls, – wenig überraschend für den Gründer einer Bürgerwehr –  insbesonders gegen Geflüchtete und Migrant_innen, ist hinlänglich dokumentiert und offenkundig.

Klambauer - fpö graz

Die Mordphantasien eines Bürgerwehrlers – toleriert von der FPÖ Graz.

So bot er im August 2015 auf der Facebook-Seite der Grazer FPÖ an, kriminelle Migrant_innen per Selbstjustiz innerhalb von 20 Minuten “auszulöschen”, um “teure Gerichtskosten” zu sparen: ein Angebot, das übrigens zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels nach wie vor auf der Facebook-Seite der FPÖ Graz einsehbar war und u.a. vom PEGIDA-Aktivsten Herbert Lang mit “gefällt mir” markiert wurde. Im Jänner 2016 forderte Klambauer, dass Schulen den Jugendlichen beibringen sollten, wie mensch Geflüchtete, von Klambauer in diesem Facebook-Posting als “Gesindel” bezeichnet, “ausschaltet” – anstatt sich mit dem Themenkomplex Flucht und Asyl zu befassen.1

klambauer - selbstjustiz, das volk erledigt sowas

Zwangssterilisation – Selbstjustiz – Bürgerkrieg.

Als Anfang Februar 2016 ein Poster auf Facebook den Vorschlag machte, allen jungen, unverheirateten (männlichen) Geflüchteten “Medikamente, die den Sexualtrieb abstellen” zu verabreichen, reagierte Klambauer höchst empört. Aber nicht weil er etwa menschenrechtliche Bedenken im Sinne des Vereinszwecks hatte, sondern weil ihm diese Forderung noch zu human erschien. Sein Plan: “Selbstjustiz – Das Volk erledigt sowas…Spart Kosten und diese Kreaturen wissen dann…hier nicht…” Den Einwand, ein solches Vorgehen führe zum Bürgerkrieg, wischte er beiseite: “Macht nix… einer von uns! 10 von ihnen…” Die praktische Umsetzung bereitete den selbsternannten Frauen*-“Beschützern” dann einiges Kopfzerbrechen, aber als ein weiterer Poster meinte, es gäbe bekannte Orte in Graz, die “alle geräumt gehören”, goutierte Klambauer diesen Kommentar mit “gefällt mir”.

abhacken - selbstjustiz

PEGIDA und der “Steirische Bürger Verein” – gemeinsam für Selbstjustiz?

Ebenso goutierte Werner Klambauer, der sich seit kurzem auf Facebook “Wurzel Klambinatore” nennt, Forderungen, Täter “an die Wand zu stellen“, sie  “aufhängen” oder ihnen die “Hände abzuhacken” – zum Gefallen der Grazer PEGIDA- Aktivist_innen Herbert Lang und Silke Großschädl, die das “Gewaltfrei und Vereint”-Motto des PEGIDA – Fronttransparents damit recht eigenwillig interpretieren.

abknallen oder entsorgen

“entsorgen” statt “abknallen” – eine Bürgerwehr versucht, politisch korrekt zu wirken.

Zumindest auf der offiziellen Facebook-Seite des “Steirischen Bürger Vereins” wird minimal Wert auf den Tonfall gelegt: So wurde ein Sympathisant wegen seines Wunsches, Menschen aufgrund ihres möglicherweise verdächtigen Aussehens präventiv “abzuknallen” vom “Steirischen Bürger Verein” gemaßregelt, sodass entsprechende Passage in “entsorgen” umformuliert wurde – und damit wieder dem fragwürdigen Menschenrechtsverständnis des “Steirischen Bürger Vereins” entspricht.

Zwei Bürgerwehrler rüsten auf…

Klambauers Bewaffnung

Klambauer begeistert sich für diverse, zum Teil illegale, Schuss- und Nahkampfwaffen.

Ein Bürgerwehrler, der Menschen “an die Wand stellen”, “ausschalten” und “auslöschen” will, muss natürlich auch entsprechend bewaffnet sein. Klambauer diskutierte dabei nicht nur mit führenden PEGIDA-Aktivisten wie Werner Wirth und Herbert Lang über die richtige Bewaffnung (und erhielt dabei von Wirth Tipps, wie er auch ohne Waffenschein zu einer Schusswaffe kommen könne), sondern auch mit Stefan Egger, einem HOGESA-Sympathisanten und Aktivisten der rechten GAK-Hooligan-Gruppe “Rote Armee Graz”. Und weil Gruppenerlebnisse das patriotische Gemeinschaftsgefühl stärken, bot Klambauer für seine nahkampf-affinen Bürgerwehr-Kolleg_innen gleich an, Waffen zu besorgen: auch wenn diese, wie Schlagringe, für die er so “seine Quellen hat”, in Österreich illegal sind, getarnt als Schlüsselanhänger erst recht. Gleich drei Stück davon orderte ein gewisser “Günter Gaar”, der mit Klarnamen Daniel Rumes heißt und gemeinsam mit Klambauer den “Steirischen Bürger Verein” gründete und nun offiziell nach außen vertritt.

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PEGIDA-Funktionäre unterstützen Klambauers Aufrüstung.

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Klambauer hat “seine Quellen” für illegale Waffen und nimmt Bestellungen entgegen…


Rechtsextremes Kampfsporttraining  – mit freundlicher Unterstützung der Stadt Graz?

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Christian Offner bei der PDV in Spielfeld am 31.10.2015

Wie anfangs bereits erwähnt, bietet der “Steirischer Bürger Verein” für Freitag, den 10. Juni ein “Selbstverteidigungs- training” im Gymnastikraum der Neuen Mittelschule Karl-Morre an – und bedankt sich hierfür bei der Stadt Graz.

Zusagen zu dieser rechten Leibesertüchtigung gibt es bisher u.a. von Christian Offner, bei dem es sich mit ziemlicher Sicherheit auch um den angekündigten Trainer „Chris O.“ handelt. Der im Rotlichtmilieu tätige Offner ist ein aktiver Kader des Motorradclubs „Red Dogs Austria“ und nahm an rechtsextremen bzw. neonazistischen Demonstrationen, wie am 31.10. bei der “Partei des Volkes” (PDV) oder bei den “Identitären” am 15.11.2015 in Spielfeld teil. Außerdem mobilisierte er zur Demonstration von PEGIDA Graz am 5.3.2016.

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Offner teilt den Heß-Mordmythos des Nazi-UFO-Blogs “terragermania” – zum Gefallen von u.a. dem “Identitären” Manuel Papst.

Auch auf Facebook macht Offner aus seiner Gesinnung keinen Hehl: Er  teilte einen Beitrag des UFO-Nazi-Blogs “Terra Germania” über den angeblichen Mord an Rudolf Heß oder forderte am 31. Mai 2016: “Ich finde Österreich braucht eine Diktatur!” Dabei präsentiert sich Offner  als kampfsporterprobt und stellt seine Begeisterung für Waffen aller Art offen zur Schau.


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Offner posiert mit Sturmgewehr (Nachbildungen)

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Offner beim Training

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Offner (hinten Mitte) mit Messer zwischen den Zähnen

 

 

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Offner posiert mit Axt

Zusammengefasst: Ein rechtsextremer Aktivist, der illegale Waffen anbietet und im Internet zu Gewalt und Selbstjustiz aufruft bzw. solche Aufrufe gutheißt, organisiert im Namen einer Bürgerwehr ein sog. Selbstverteidigungstraining, mit einem Waffenfetischisten aus dem Rotlichtmilieu als Trainer – und bekommt dafür von der Stadt Graz den Turnsaal einer Schule zur Verfügung gestellt. Hallo Graz, geht’s noch?


Update: Aufgrund unserer Recherchen, hatte die Stadt Graz die Bewilligung des Turnsaals der NMS Karl-Morre zurückgezogen. Nun scheint Stadtrat Hohensinner seine diesbezügliche Position geändert zu haben und stellt dem rechtsextremen Verein den Turnsaal doch zur Verfügung – weil der Verfassungsschutz scheinbar keine Erkenntnisse zu der Bürgerwehr hat… was uns recht viel über ihre Arbeit verrät. Wir können nur nochmal fragen: Hallo Graz, geht’s noch?!

 

 


1 vgl. Facebook-Posting von Werner Klambauer am 7.1.2015 um 14.03 Uhr

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